The “Tiger” has arrived!
Der Asiatische Tiger Mosquito ist in Österreich nachgewiesen.

von Bernhard Seidel, am 17. Juli 2012.

Seit 2007 heißt es in Mitteleuropa immer wieder “waiting for the tiger”; nicht nur im Boulevard sondern auch in seriösen wissenschaftlichen Artikeln [1]. Es dreht sich dabei um die Asiatische Tiger-Mücke. Hier zu Lande wurde das Bild dieser tropischen Stechmücke in diversen Zeitungen, dem Fernsehen und auf Foldern ungerechtfertigt verwendet, denn sie war in Österreich gar nicht vorhanden. Die Asiatische Tiger-Gelse, Aedes (Stegomyia) albopictus (albopicta), heißt offenbar so, weil ihre Zeichnung durch weiße Streifen und Ringe an die eines Tigers erinnert, vielmehr aber damit einem Zebra gleicht (Weiß-Schwarz). In Österreich wurde und wird sie oft mit der ihr ähnlich sehenden „großen geringelten Hausgelse“, Culiseta annulata, verwechselt. Sie wird auch als “Wald Tages Gelse“ bezeichnet, was bedeutet, dass sie auch am Tag aktiv auf Nahrungssuche ist. Man war sozusagen aber schon darauf gefasst, dass sie alsbald erscheinen würde. Denn in Oberitalien ist die Art bereits seit den 90er Jahren in einer großen Region zu finden und in den Nachbarländern Kroatien, Slowenien, Schweiz und Deutschland fand man sie auch schon. Irgendwelche Quellen meldeten 2011 ihr Auftauchen in Österreich durch Bambuslieferungen aus Ostasien und jüngst hieß es sogar "sie wäre in Oberösterreich auf dem Vormarsch", was immer das heißen soll. Nachvollziehbar und verifiziert sind diese Meldungen aber nicht.

Stechmücken-Projekte, durch die Österreichische Forschungsgemeinschaft (OFG) finanziert, kamen 2010 im Grenzgebiet von Ungarn und Österreichs zu keinen Ergebnissen, obwohl dort die klimatischen Bedingungen gut wären. Österreichweite Untersuchungen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) im Jahr 2011 haben ebenfalls keinen Nachweis erbracht. Die Arbeiten wurden im Frühjahr 2012 insbesondere auf Kärnten konzentriert ohne ein positives Ergebnis.

Wäre diese Mückenart hier verbreitet, wäre sie ein Albtraum was die Übertragung von Krankheiten angeht [2]. Nicht dass die heimischen Gelsen völlig harmlos wären und dieses Faktum vor allem deshalb heruntergespielt wird, weil nur wenige Befunde vorliegen. Diese wenigen Befunde werden dann aber auch nicht vor dem Hintergrund der fallweise gigantischen Gelsendynamik betrachtet, statistisch nicht hochgerechnet und sind auf diese Weise daher leicht zu verschweigen und zu verharmlosen. Aus der Literatur wissen wir aber, dass der Asiatische Tiger Mosquito diverse Krankheiten verbreitet, die bisher in Österreich als exotisch gelten: Chikungunya, Dengue und mehrere Virämien aus der Japan Enzephalitis Gruppe, die aber unsere heimischen Gelsen nachweislich auch übertragen. Die Art ist auffallend lästig weil nacht- sowie tagaktiv. „Vom schlechten Traum zur Wirklichkeit“ titelt eine Veröffentlichung aus 2010, die über erste autochthone Fälle von Degue- und Chikungunya-Fieber in Frankreich berichtet [2].

Nun ist er hier: „The Tiger has arrived in Austria“. Der Asiatische Tiger Mosquito wurde in Österreich nachgewiesen. Gefunden (legit) und bestimmt (det.). Der österreichische Fund gelang an einer Stelle mit mehreren Wasserbehältern. Hauptsächlich wurden die aquatischen Stadien also Larven und Puppen gesammelt und diese dann im Labor teilweise künstlich ausgebrütet. Das heißt, es hat dort bereits eine Brut stattgefunden, und daran war doch eine gewisse Anzahl adulter Tiger-Gelsen beteiligt. Obwohl auch die Larven bereits zur Bestimmung ausreichten, wurde der Fund international begutachtet und verifiziert. Anmerkung im Oktober 2012: eine erste wissenschaftliche Veröffentlichung ist erschienen [3]; man beachte die drei Zeichnungen darin!

Die Invasion solcher Gelsenarten löste in Ländern wie Frankreich, Holland oder Belgien intensive Kontrollaktionen aus. Gingen die ersten solchen Berichte über tropische Gelsenarten in Europa von den Folgen des Klimawandels aus, so sieht man die Ursachen realistischer Weise immer häufiger im unkontrollierten globalen Handel mit Gütern aller Art, die die Gelsen als „Blinde Passagiere“ von einem Kontinent zu anderen verfrachten. Der österreichische Fund, sollte er sich tatsächlich nur als lokales Ereignis herausstellen, wird sicher im Auge behalten werden. So sensationell das Auftreten solch einer tropischen Gelse auch sein mag, insbesondere wenn sie wie die Asiatische Tiger Gelse auch noch besonders pittoresk aussieht, so unvergleichlich harmlos erscheint dieses kleine Vorkommen im Vergleich mit den heimischen Gelsen, denen man von wenigen Ausnahmen abgesehen, ein weitgehend zufriedenes Dasein ermöglicht, ja man fördert sie sogar großzügig durch künstliche aber falsch geplante Wasserbauten. Sie werden in Groß-Projekten, wie dem Donauausbau, nicht einmal erwähnt und werden in Wasserrechtsverfahren nicht einbezogen und nicht abgeschätzt. Es ist daher zu wünschen, dass man sich nicht nur dem Problem der Neobioten-Gelsen stellt, sondern dass auch die heimischen Stechmückenbestände entsprechend beachtet werden. Zudem sollte man nach den Ursachen forschen können, damit künftig weitere Invasionen unterbunden werden.

Literatur

[1]. Scholte E.-J., Schaffner F. Waiting for the tiger: establishment and spread of the Aedes albopictus mosquito in Europe. In Emerging pests and vector-borne diseases in Europe, vol. 1 (eds Takken W., Knols B. G. J.) 2007; pp. 241–260. Wageningen, The Netherlands: Wageningen Academic Publishers.

[2]. Gould EA, Gallian P, De Lamballerie X, Charrel RN. First cases of autochthonous dengue fever and chikungunya fever in France: from bad dream to reality! Clin Microbiol Infect. 2010;16:1702–1704.

[3]. Seidel B, Duh D, Nowotny N, Allerberger F. First record of the mosquitoes Aedes (Ochlerotatus) japonicus japonicus (Theobald, 1901) in Austria and Slovenia 2011 and for Aedes (Stegomyia) albopictus (Skuse, 1895) in Austria 2012. Entomolog Zeitschrift. 2012;122(5): 223-226.